Kündigung während der Elternzeit: Ist das erlaubt?

06.05.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Mutter,Kind,auf,Arm In der Elternzeit ist eine Kündigung nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. © Bu - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Kündigungsschutz in der Elternzeit: Arbeitnehmer sind während der Elternzeit vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. Dieser Kündigungsschutz gilt für außerordentliche (fristlose) und ordentliche Kündigungen.

2. Ausnahmen: Nach § 18 Absatz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes darf die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde auf Antrag des Arbeitgebers die Kündigung in besonderen Fällen für zulässig erklären.

3. Widerspruch / Klage: Lässt die zuständige Arbeitsschutzbehörde die Kündigung zu, können die Eltern gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen. Wird dieser abgewiesen, steht der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht offen.
Während der Elternzeit besteht ein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz. Dieser ist in § 18 Absatz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) geregelt. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber nicht mehr zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, sobald der Arbeitnehmer schriftlich Elternzeit verlangt hat. Allerdings gibt es für diesen Schutz zeitliche Einschränkungen.

Wann gilt der Kündigungsschutz in der Elternzeit?


Der Kündigungsschutz beginnt

- frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und
- frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes.

Bis zum Ende der Elternzeit sind Arbeitnehmer vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt. Dieser Kündigungsschutz gilt für alle Arten von Kündigungen, also die ordentliche (fristgemäße) Kündigung, die außerordentliche (fristlose) Kündigung und die Änderungskündigung.

Solange das Kind noch nicht geboren ist, gilt gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes: Endtermin der achtwöchigen Vorfrist des § 18 Abs. 1 BEEG ist der Tag der voraussichtlichen Geburt. Dies gilt auch, wenn dieses Datum vor dem Tag der tatsächlichen Geburt liegt (Urteil vom 12.05.2011, Az. 2 AZR 384/10).

Wann darf der Chef ausnahmsweise doch kündigen?


Es gibt jedoch eine Ausnahmeregelung für spezielle Fälle: Nach § 18 Absatz 1 BEEG darf die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde auf Antrag des Arbeitgebers die Kündigung in besonderen Fällen für zulässig erklären. Diese Behörde ist meist das Amt für Arbeitsschutz. In vielen Bundesländern ist es Teil der Gewerbeaufsicht.

Eine solche Ausnahmegenehmigung wird oft dann gewährt, wenn der Betrieb oder die Abteilung, in der der Arbeitnehmer beschäftigt ist, stillgelegt wird, wenn das Unternehmen insolvent ist oder wenn die Weiterbeschäftigung des Betreffenden nach Ende der Elternzeit die wirtschaftliche Existenz des Arbeitgebers gefährden würde. Der letzte Punkt kommt eher bei Kleinbetrieben vor.

Schwere Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten können ebenfalls eine Ausnahme begründen. Häufig möchte der Arbeitgeber dann eine außerordentliche, fristlose Kündigung vornehmen. Schwere Pflichtverstöße können zum Beispiel Beleidigungen des Arbeitgebers oder Diebstähle im Betrieb sein. Aber auch die Aufnahme einer zusätzlichen neuen Beschäftigung bei einem weiteren Arbeitgeber ohne die Zustimmung des bisherigen kann ein ausreichender Grund sein.

Wie entscheidet die Behörde über die Kündigung während der Elternzeit?


Die Behörde für Arbeitsschutz nimmt zunächst Kontakt zum Arbeitnehmer auf, um auch seine Sicht der Dinge zu erfahren. Auch den Betriebsrat wird sie um seine Einschätzung bitten. Arbeitnehmer sollten unbedingt die Möglichkeit nutzen, ihre Position zu erläutern. Wichtig: Von der Behörde gesetzte Antwortfristen sollte man einhalten. Ihre Entscheidung teilt die Behörde dann schriftlich dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer mit. Der Betriebsrat erhält eine Abschrift.

Wie können sich betroffene Arbeitnehmer wehren?


Betroffene Arbeitnehmer können gegen die Entscheidung der Behörde bei dieser Widerspruch einlegen. Eine solche behördliche Entscheidung ist ein sogenannter Verwaltungsakt. Daher richtet sich das Vorgehen nach dem Verwaltungsrecht. Sieht die Behörde ihre Entscheidung als richtig an und ändert diese auch auf den Widerspruch hin nicht ab, muss der Arbeitnehmer vor dem Verwaltungsgericht klagen. Dabei gibt es wieder Fristen zu beachten. Diese findet man in der Rechtsbehelfsbelehrung, die zum Bescheid gehört.

Ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht ist meist eine langwierige Angelegenheit. Wenn die Kündigung während der Elternzeit auf Grundlage der behördlichen Ausnahmegenehmigung stattgefunden hat, kann man gegen sie Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Die Frist dafür sind drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer.

Urteil: Aufgabe einer Arztpraxis


Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass die Aufgabe einer Arztpraxis ein ausreichender Grund ist, um bei den Mitarbeitern eine Ausnahme vom Kündigungsschutz in der Elternzeit zu rechtfertigen. Eine entsprechende Entscheidung der Arbeitsschutz-Behörde war laut Gericht wirksam (Beschluss des OVG Münster vom 12.1.2017, Az. 12 E 896/16).

Was gilt bei einer Elternzeit unter Bedingungen?


Einige Beschäftigte beantragen Elternzeit unter der Bedingung, dass sie während der Elternzeit arbeiten dürfen. Hier ist Vorsicht geboten: Wenn der Chef einen derartigen Antrag abgelehnt hat, entfällt der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers in der Elternzeit. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt (Urteil vom 12.05.2011, Az. 2 AZR 384/10). Arbeitnehmern kann daher nur davon abgeraten werden, ihren Antrag auf Elternzeit an Bedingungen zu knüpfen.

Was gilt bei Teilzeit?


Wenn Arbeitnehmer während der Elternzeit bei ihrem Arbeitgeber in Teilzeit weiter arbeiten, gilt trotzdem die Regelung des § 18 BEEG zum Kündigungsschutz in der Elternzeit sowie der dort genannte zeitliche Rahmen. Die Regelung gilt ebenso, wenn Arbeitnehmer in Teilzeit arbeiten, ohne Elternzeit beantragt zu haben, in dem Zeitraum, in dem sie Anspruch auf Elterngeld haben (§ 18 Abs. 2 BEEG).

Was muss man zur Kündigung durch den Arbeitnehmer wissen?


Während der Elternzeit können Arbeitnehmer grundsätzlich mit der Frist kündigen, die ihr jeweiliger Arbeitsvertrag, der Tarifvertrag oder - ohne besondere Vereinbarung - das Gesetz vorsieht. § 19 BEEG enthält zusätzlich eine Sonderregelung für die Kündigung zum Ende der Elternzeit. Nach dieser Vorschrift können Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit ausschließlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist kündigen.

Abgesehen von der Kündigung besteht auch noch die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Dazu muss man keine Kündigungsfrist einhalten. Allerdings sollten Arbeitnehmer immer bedenken, dass das Arbeitsamt bei einer Kündigung von Arbeitnehmerseite oder einem Aufhebungsvertrag eine Sperrfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld verhängt.

Praxistipp zum Kündigungsschutz in der Elternzeit


Wer in der Elternzeit eine Kündigung bekommt oder selbst kündigt, sollte sich möglichst schnell von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Hier laufen kurze Fristen ab. Eine abgelaufene Frist führt dazu, dass die Kündigung nicht mehr angreifbar ist.

(Bu)


 Stephan Buch
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